2. Begriffsbestimmungen(4)
- Kommunikation:
von lat. communicare = vereinigen
Der Begriff Kommunikation wird in einer Vielzahl von Definitionen verwendet, die sich z.T. mit anderen Begriffen wie Reaktion, Interaktion oder Verhalten überschneiden oder mit diesen sogar gleichgesetzt werden.(5)
Um den Begriff der interaktiven Kommunikation (Interaktion) als Teilbereich der Kommunikation definieren zu können, erscheint es sinnvoll, in dieser Arbeit von einer äußerst weit gefaßten Definition auszugehen.
So soll interpersonale Kommunikation(6) zunächst Beziehungen der Kommunizierenden benennen, bei denen über Sprache, Zeichen oder Symbole Informationen ausgetauscht oder vermittelt werden, Kommunikation also "verstanden als habitualisierter oder reflektierter Austausch von Gesten, Zeichen, 'Informationen' und deren Interpretation ..."(7)
Kommunikation verläuft prozeßhaft über mindestens drei Stationen:
1. Sender = Verschlüsselung ("Encodierung")
2. Nachricht = Übermittlung ("Signalisierung")
3. Empfänger = Entschlüsselung ("Decodierung" oder "Interpretation")
Entscheidend für das Zustandekommen von Kommunikation ist die (zumindest teilweise) Identität des für die Aussage benötigten Zeichenvorrats des Senders mit demjenigen des Empfängers.
- Information:
von lat. informatio = Bildung, Belehrung; informare = unterrichten
Auch der Begriff der Information hat vielerlei Bedeutungen erhalten, die von der Unterrichtung einer oder mehrerer Personen bis hin zur Bezeichnung von Daten reichen. Der Begriff Information wird v.a. dann gebraucht, wenn es sich um eine logisch in sich abgeschlossene Einheit handelt.(8) In der vorliegenden Arbeit soll Information als der Inhalt einer Nachricht oder Mitteilung und somit als transportiertes bzw. vermitteltes Wissen oder auch Meinung verstanden werden.
- Massenkommunikation:
oder auch "mediengebundene Kommunikation" wurde bisher i.A. definiert als "jene Form indirekter zwischenmenschlicher Verständigung, die an ein prinzipiell unbegrenztes, anonymes, heterogenes und räumlich-zeitlich verstreutes (disperses) Publikum gerichtet ist, die überwiegend einseitig vom Kommunikator zum Rezipienten (Leser, Hörer, Zuschauer, Nutzer) verläuft und wegen der hohen ökonomisch-
technischen Voraussetzungen bisher typischerweise in arbeitsteiligen Großorganisationen
(Rundfunkanstalten, Verlagen, Medienkonzernen usw.) produziert wird"(9). Inwieweit diese Definitionen nach der weiteren Verbreitung von computergestützten Medien, einer möglicherweise daraus resultierenden Gleichstellung von Kommunikator und Rezipient sowie abnehmenden technischen und finanziellen Voraussetzungen einer Überarbeitung bedürfen, bleibt abzuwarten.
Die Massenmedien können also allgemein verstanden werden als "technische und organisatorische Infrastruktur der Massenkommunikation".(10)
- Interaktion, Interaktivität:
"Begriff soziolog. Theorien für das aufeinander bezogene Handeln zweier oder mehrerer Personen in dem Sinne, daß entweder 1. die Handelnden ihr Handeln wechselseitig an einander komplementären Erwartungen (Rollenvorstellung, Situati
onsdefinition) orientieren oder 2. das Handeln einer Person (Reiz) dasjenige der anderen (Reaktion) auslöst."(11)
Um einen Gebrauch des Begriffes "Interaktion" im Kontext dieser Arbeit überhaupt sinnvoll zu machen, muß die Definition auch auf eine Mensch-Maschine-Interaktion ausgedehnt werden (Wie dies i.A. Sprachgebrauch ja
mittlerweile auch geschehen ist.) Man könnte also unterscheiden:
Eine weite Definition:
Jegliches Handeln einer Person, das eine "Reaktion" auslöst. Dann
muß allerdings auch eine technisch vermittelte (Aus-)Wahlmöglichkeit, bspw. die
Umschaltmöglichkeit beim Fernsehen, als Interaktion bezeichnet werden.
Eine enge Definition:
Das Handeln einer Person, das eine spezielle (individuelle) Reaktion auslöst, und so die
Möglichkeit einer wechselseitigen Fortsetzung bietet.(12)
- Telekommunikation:
Ein Sammelbegriff für alle Formen von Kommunikation mit Hilfe nachrichtentechnischer
Übertragungsverfahren. Dabei kann es sich sowohl um Mensch-Maschine-Mensch-, als auch um Mensch-Maschine- oder Maschine-Maschine-Kommunikation handeln. Nach der benötigten Übertragungskapazität unterscheidet man zwischen schmalbandigen (z.B. Fernsprechen, Fernschreiben, Bildschirmtext) und breitbandigen (z.B. Datenübertragung, Fernsehkonferenz, Bildfernsprecher) Diensten sowie nach einseitig gerichteter und zweiseitiger Kommunikation. Die wichtigsten Formen sind: Sprach-, Text-, Bild- und Datenkommunikation.(13)
- Computervermittelte Kommunikation:
Für diese Arbeit soll der Begriff der computervermittelten Kommunikation, der dem englischen Begriff "Computer Mediated Communication" entliehen ist, weit gefaßt werden als jegliche "technisch vermittelte interpersonale Kommunikation"(14) und Interaktion, für deren nachrichtentechnische Übermittlung Computer bzw. Computernetzwerke genutzt werden.
- Infrastruktur:
Die allgemeine Definition der "Gesamtheit aller durch Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts getragenen Einrichtungen der sog. Versorgungsverwaltung"(15) soll dem Thema der Arbeit entsprechend eingeschränkt werden auf die Einrichtungen der elektronischen Massenkommunikation. Dem allgemeinen Druck zur Deregulierung und
Privatisierung Folge tragend(16), muß jedoch von Einrichtungen ausgegangen werden, die allgemein zugänglich sind, sich aber nicht unbedingt in öffentlicher Trägerschaft oder unter direkter öffentlicher Kontrolle befinden müssen und durchaus gewinnorientiert arbeiten können.
Deshalb soll hier die "Gesamtheit aller Einrichtungen, die der nachrichtentechnischen Übermittlung von Massenkommunikation dienen", als Definition von Infrastruktur gelten.
- Virtuell, Virtualität, Virtuelle Realität:
virtuell: der Kraft oder Möglichkeit nach vorhanden
Virtualität: innewohnende Kraft oder Möglichkeit
Der Begriff, der in jüngster Zeit, zunächst in Form der "Virtuellen Realität" eine bisher nicht gekannte Konjunktur erfahren hat, ist zu einem Modewort geworden. Mittlerweile werden viele mit Computergraphiken in Verbindung stehende Techniken gerne als virtuell bezeichnet.(17)
Virtuelle Realität: "Der Mensch erlebt die vom Computer simulierten Räume, Gegenstände und Bewegungen [und Sinnesreize, R.H.], als seien sie real vorhanden."(18) Für das Erleben von "Virtuellen Realitäten" sind im Moment Brillen mit kleinen eingebauten Monitoren und Handschuhe, die die Bewegungen des Benutzers mit der "Computerrealität" synchronisieren (so daß der Benutzer bspw. den Widerstand einer nur im Computer existierenden Wand spürt), die bekanntesten Hilfsmittel. Da sich der Begriff der virtuellen Realität jedoch nicht in diesen Hilfsmitteln manifestiert, ist jegliche Form der Übertragung von Sinnesreizen, bspw. auch direkt auf die menschlichen Nerven, theoretisch durch diesen Begriff erfaßt.
Virtuell soll im Rahmen dieser Arbeit also immateriell in dem Sinn bedeuten, daß ein Gegenstand nicht real, sondern lediglich in Form von Computerdaten existiert.
- Digital, Digitalisierung:
Digital: "In der Datenverarbeitung oder Meßtechnik: Daten oder Meßwerte in Ziffern, d.h. in Schritten darstellend; im Ggs. zu analog, stufenlos, stetig."(19) In der elektronischen Datenverarbeitung wird eine Größe gewöhnlich durch binäre Zahlen dargestellt.
Digitalisierung: Bezeichnet i.A. die Umwandlung bereits bestehender Daten in Computerdaten. So können bspw. eine Fotografie oder eine Rede digitalisiert werden. Sie verlieren dadurch die für ihr Medium bisher typische materielle Ausprägung (z.B. Foto-Negativ oder Tonband). Die technische Entwicklung geht dahin, Geräte zu entwickeln, die ohne Zwischenstufe direkt digitale Daten herstellen, also z.B. Fotokameras, die keinen Film mehr belichten, sondern die Bilder direkt auf einen Chip oder ein anderes elektronisches Speichermedium bannen. Oft wird, nicht ganz richtig, auch diese Geräteumstellung als Digitalisierung bezeichnet. Die digitale Reproduktion eines Kunstwerkes oder aber auch "der Wirklichkeit" verliert so nicht nur die ursprüngliche Aura desselben(20), sondern auch die Aura der Reproduktion (etwa das langsame Vergilben des Papierabzugs einer Fotografie oder das "Knistern" einer Schallplatte). Die Probleme der "Haltbarkeit digitaler Daten" außer acht lassend, kann man sagen, daß digitale Daten eine Authentizität suggerieren, die nicht durch die "kleinen technischen Mängel" gebrochen wird. Digitalisierte Bilder, Musikstücke, Reden etc. lassen sich dabei als neuer Schritt in einer Entwicklung einordnen, die mit der technischen Reproduzierbarkeit eines Gegenstandes oder Kunstwerkes begann und die über immer "echter" wirkende Abbildungen (Reproduktionen) dem - vorläufig erkennbaren - Endpunkt der Virtuellen Realität entgegenstrebt.(21)