Der Begriff Demokratie leitet sich von den griechischen Wörtern demos (=Volk) und kratein (=herrschen) ab. Demokratie ist also "Volksherrschaft". Von Aristoteles wurde die Demokratie als Entartungsform der Politie beschrieben. Bis in die Neuzeit wurde sie fast ausschließlich als Begriff der Staatsformenlehre gebraucht. Infolge der amerikanischen und französischen Revolution wurde Demokratie zu einem Tendenzbegriff, der fortan nicht lediglich eine Verfassungsform beschrieb, sondern auch die bürgerlich-liberalen Autonomie- und Mitbestimmungsforderungen einschloß. Die Begriffe Demokratie und Demokratisierung wurden prägend für den Übergang vom Konstitutionalismus zum modernen Verfassungsstaat. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts fand zudem oft eine semantische Gleichsetzung von Demokratie und Republik statt.
Der Begriff "Volksherrschaft" ist heute kaum noch geläufig. Er wurde in der Moderne weitestgehend durch den Begriff "Volkssouveränität" ersetzt, der sich zur Beschreibung der entstehenden Repräsentativsysteme wesentlich besser eignete.
Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland findet sich der Gedanke der Volkssouveränität in Art. 20, Abs. 2:
"Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt."(23)
Anders formuliert: Herrschaft muß grundsätzlich durch das Volk legitimiert werden, die Willensbildung sollte also von unten nach oben erfolgen(24) oder: Demokratie herrscht, wenn "die Regierung für das Volk da ist und nicht umgekehrt".(25)
Da die Volkssouveränität in repräsentativen Demokratien v.a. in Wahlen ihren Ausdruck findet und sich im wesentlichen auch auf diese beschränkt, kommt den Wahlen eine besondere Bedeutung zu. Sie müssen deshalb frei, wiederkehrend und konkurrenzbestimmt sein.(26)
Die Kriterien, daß Wahlen wiederkehrend und konkurrenzbestimmt sein sollen, sind für diese Arbeit nicht weiter relevant, wohl aber die Freiheit der Wahl.
Die Freiheit der Wahl ließe sich neben dem "fehlenden" Zwang oder Druck zu einer bestimmten Entscheidung auch an einer "autonomen öffentlichen Meinung"(27) und politisch interessierten und informierten Wählern festmachen.(28)
Daß der politisch interessierte Wähler in erster Linie eine Herausforderung für die politische Bildung darstellt, dürfte außer Frage stehen, ebenso wie die Information des Wählers und die "autonome öffentliche Meinung" wohl existenziell zu den Aufgaben der Massenmedien zu rechnen sind. Die Bedeutung, die der öffentlichen Meinung und ihren "Institutionen" - den Massenmedien(29) - in der Bundesrepublik zugeschrieben wird, zeigt sich in der Interpretation des Bundesverfassungsgerichts: "Das
durch Art. 5 GG gewährleistete Recht der freien Meinungsäußerung, Presse- Rundfunk-, Fernseh- und Filmfreiheit sind für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend."(30) Es ist "eine wesentliche Voraussetzung für eine freie politische Willensbildung des Volkes."(31) "Freie Meinungsbildung als Voraussetzung sowohl der Persönlichkeitsentfaltung als auch der demokratischen Ordnung vollzieht sich in einem Prozeß der Kommunikation, der ohne Medien, die Informationen und Meinungen verbreiten und selbst Meinungen äußern, nicht aufrechterhalten werden könnte. Unter den Medien kommt dem Rundfunk wegen seiner Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft besondere Bedeutung zu."(32)
Die "Herstellung einer autonomen öffentlichen Meinung" oder die "Herstellung von Öffentlichkeit" werden oft als die Funktion der Massenmedien bezeichnet.(33) Diese läßt sich jedoch zumindest in vier Hauptfunktionen unterteilen.
- Artikulationsfunktion
Den Massenmedien obliegt es, die Meinungen der Bevölkerung zu artikulieren. Dabei ist die Berücksichtigung aller gesellschaftlichen Gruppeninteressen nötig, also auch die von Gruppen, die sich auf dem Markt oder in der Politik nicht behaupten können.(39) Eine demokratische Meinungs- und Willensbildung ist nur möglich, wenn alle Meinungen artikuliert werden können.(40) Massenmedien haben also für die "Gleichheit der Chancen beim Prozeß der Meinungsbildung"(41) zu sorgen, indem sie den Pluralismus der Gesamtgesellschaft in sich reproduzieren.(42) "Die Demokratie und der für die Demokratie essentielle Prozeß der gesellschaftlichen Kommunikation bedürfen nicht nur dieser Vielfalt medialer Artikulationschancen, sondern auch der Sicherung des Dialogs, der Diskussion".(43)
- Kritik- und Kontrollfunktion
Aufgrund der intensiven und "unabhängigen" Beschäftigung mit Politik wird den Massenmedien eine umfassende Kritik- und Kontrollfunktion zugeschrieben. Sie werden
oft als "vierte Gewalt"(44) bezeichnet, wobei sie als solche jedoch nicht den drei konstitutionellen Gewalten beigestellt, sondern vielmehr diesen wie auch jeder anderen "Gewalt" (z.B. im kulturellen oder wirtschaftlichen Bereich) als Widerpart, Kontrollinstanz und Mittler gegenübergestellt werden.(45)
Oft wird auch "politische Integration (Systemstabilisierung) bei gleichzeitiger Erhaltung
der Responsivität politischer Institutionen"(46) als Aufgabe der Massenmedien beschrieben. Äußerst selten findet sich in der Literatur hingegen der Verweis, daß die "öffentliche Wächtertätigkeit lediglich auf die Beseitigung von Funktionsmängeln der etablierten demokratischen Institutionen" abzielen darf. Stellen "publizistische Aktivitäten das politische System als solches in Frage, werden sie ihrerseits als mißbräuchliche Machtanmaßung gewertet und als solche mehrheitlich abgelehnt. [...] Hält man hingegen den Zustand des politischen Systems grundsätzlich für mangelhaft und veränderungsbedürftig, so kann man im unangepaßten Journalismus durchaus eine positive Chance für die Fortentwicklung der politischen Kultur sehen."(47)
Jede Kritik und Kontrolle, Information und Herausbildung öffentlicher Meinung wird also unabhängig vom Volkswillen in die Schranken der Systemkonformität verwiesen.
- Soziokulturelle Funktionen
Massenmedien dienen in den modernen westlichen Industriegesellschaften, in denen es immer schwerer wird, viele "natürliche" Erfahrungen selbst zu erleben, als Sozialisationsinstanz. "Das Publikum lernt die Welt durch die Aussagen der Massenkommunikation kennen und erkennen."(48) Sie wirken bei der Entwicklung von Überzeugungen, Werten und Normen mit.(49) Ob die Massenmedien in der vielbeschworenen "fragmentierten Gesellschaft" eine Integrationsinstanz sind oder durch ihre Vielfalt gerade zu dieser Fragmentierung beitragen, soll dahingestellt bleiben. In vielen Fällen haben Massenmedien jedoch ihre Integrationskraft unter Beweis gestellt.(50) Schließlich sollen Massenmedien unterhalten. "Unterhaltung kann sowohl der Entspannung und Erholung, als auch der kreativen Anregung, der Bildung und der kulturellen Orientierung dienen."(51) Sie kann auch Kultur sowie Perspektiven für die Lebensführung und eigene Freizeitgestaltung vermitteln(52) und so eine Reproduktionsleistung erbringen.(53)
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