8.4. Vernetzung

"Es ist zu kurz gedacht, daß Netzwerke Computer miteinander verbinden. Sie verbinden Menschen miteinander, die Computer als Medium verwenden. Der große Erfolg des Internet liegt nicht im Technischen, sondern im Menschlichen begründet. Electronic Mail ist vielleicht kein besonders großer Fortschritt in der Informatik, aber es ist ein vollkommen neuer Weg für Leute, die miteinander kommunizieren wollen. Das beständige Wachstum des Internet ist eine technische Herausforderung für uns, aber wir dürfen nie aus den Augen verlieren, woher wir kommen, an welchen Veränderungen in einer großen, computerisierten Gemeinschaft wir teilgenommen haben und was für ein großes Potential uns für zukünftige Veränderungen zur Verfügung steht."(190)

Dieser Gedanke stand allerdings nicht am Anfang der Entwicklung, er resultiert vielmehr aus der Beobachtung der Benutzer von Computernetzen.

In den frühen fünfziger Jahren wurde als Bestandteil der amerikanischen Luftaufklärung das SAGE-Netz ("Semi-Automatic Ground Environment") eingerichtet. Mehrere über Telefonleitung miteinander verbundene Computer kalkulierten die Flugbahnen feindlicher Flugzeuge. Damit hatte die Zeit der Datenfernübertragung/ Datenfernverarbeitung begonnen. 1957 startete die UdSSR den ersten künstlichen Erdtrabanten Sputnik und schockierte damit die USA zutiefst. Als Reaktion wurde im Verteidigungsministerium eine neue Abteilung gegründet, die bereits erwähnte ARPA ("Advanced Research Project Agency"), die die wissenschaftliche und technische Führungsposition der USA im militärischen Bereich wiederherstellen sollte. Über Telefonleitungen miteinander verbundene Computer erlangten im militärischen Bereich immer mehr Bedeutung. Damit wuchs aber auch die Sorge um die Verletzlichkeit dieser immer wichtiger werdenden Kommunikationsverbindungen. Als Ergebnis dieser Sorge kann ein 1962 von Paul Baron verfaßtes Papier angesehen werden ("On Distributed Communications Networks"; RAND-Corporation, Amerikas damalige Denkfabrik für den Kalten Krieg), in dem er die Grundlagen des heutigen Internet beschreibt. Diese sind im wesentlichen das Fehlen einer zentralen Steuerung und die paketvermittelte Übertragung der Daten.(191) 1969 stand das erste derartige Netzwerk, das ARPAnet. Es verband vier amerikanische Universitäten, bzw. Institute miteinander. Diese vier Computer konnten Daten austauschen und selbst von den entfernt liegenden angeschlossenen Computern programmiert werden. Ein weiterer Vorteil, der sich daraus ergab, war, daß die Forscher an den vier beteiligten Instituten sich die Rechnerkapazitäten teilen konnten, was in den siebziger Jahren, in denen Rechnerzeiten noch sehr knapp waren, ein angenehmer Nebeneffekt war. 1971 wurde der reguläre Betrieb des ARPAnet aufgenommen und 1972 wurde es mit inzwischen 40 angeschlossenen Rechnern auf der "First International Conference on Computer Communications" erstmals öffentlich vorgestellt. Im Laufe der siebziger Jahre wurde die TCP/IP-Protokollfamilie ("Transmission Control Protocoll/ Internet Protocoll") entwickelt, um internationale Verbindungen zwischen autonomen Netzwerken unabhängig von deren zugrundeliegender Technologie zu ermöglichen.(192) Parallel zur Entwicklung des ARPAnet wurde in den Jahre 1979 bis 1983 das CSnet ("Computer Science Research Network") von amerikanischen Universitäten, die keinen Zugang zum ARPAnet hatten, aufgebaut. 1986 wurde von der US-Regierung das NSFnet ("National Science Foundation Network"), das ursprünglich fünf Supercomputer miteinander verband, in Betrieb genommen. Die hohe Leitungskapazität des NSFnet erlaubte es, Datenverkehr von dem überlasteten ARPAnet zu übernehmen. 1990 wurde das ARPAnet aufgelöst, und das NSFnet übernahm nun vollständig die Rolle als Rückgrat ("Backbone") des Internet.(193) Für das enorme Wachstum des Internet war vor allem die LAN-Technologie ("Local Area Network") verantwortlich. Weltweit entstanden lokale Netzwerke, wobei zunächst v.a. diejenigen der Universitäten und Großforschungseinrichtungen an das Internet angeschlossen wurden. Das Internet verbreitete sich mit rasanter Geschwindigkeit über den gesamten Globus. Dies zeigt sich in der Zahl der angeschlossenen Rechner ("Hosts"). Zahlen über die Nutzer des Internet sind dagegen immer nur Schätzungen.(194) 1971 startete das ARPAnet mit drei einheitlichen Dienstleistungen (Terminalsitzungen, Dateiübertragungen, elektronische Post). Seitdem sind immer neue Dienste hinzugekommen. Für die Popularität und die weiterhin explosionsartige Verbreitung des Internet sind m.E. neben der nach wie vor äußerst beliebten elektronischen Post v.a. die graphisch orientierten Oberflächen verantwortlich, die es seit Beginn der neunziger Jahre nicht informationstechnisch vorgebildeten Menschen ermöglichen, das Internet zu nutzen.(195)

Auch außerhalb der Universitäten und staatlichen, vornehmlich militärischen Stellen wurde an Computerkommunikation gearbeitet. 1978 ging in Chicago die erste private "Mailbox" ans Telefonnetz. Aus den Mailboxen entwickelten sich ebenfalls weltumspannende Netzwerke, deren populärstes das "Fido-Netz" ist.(196)

8.5. Erste Schritte zu "Multimedia"

Mit dem Hypertext-Transfer-Protokoll wurde der erste Schritt zu Multimedia getan. Zwar ermöglichte schon das Gopher-Protokoll die Einbindung von Bild-, Film- und Tondateien, doch nun sind diese beliebig im Text unterzubringen (da dieses Protokoll nicht mehr hierarchisch strukturiert ist). Das Ergebnis läßt sich sowohl im World Wide Web (also im Internet), als auch auf CD-ROM besichtigen. Während das World Wide Web wegen der fehlenden kommerziellen Verwertbarkeit (Abrechnungsmöglichkeit) sich im Moment noch weitestgehend auf Spielereien, Werbung und z.T. Tests beschränkt, ist mit der CD-ROM von den Verlegern ein Medium gefunden worden, mit dem auch die kommerzielle Nutzung möglich ist. Insbesondere Sach- und Fachbücher, Kataloge und Nachschlagewerke scheinen zunächst für die Vermarktung als CD-ROM geeignet, da für die meisten Konsumenten "der Reiz wohl eher im Zusatznutzen in Form von Videoaufzeichnungen, Tondokumenten, Trickfilmen oder detaillierten Fotos"(197) liegt und dies sich eben v.a. bei diesen Büchern anbietet. Auch im Bereich der Lehrbücher zeichnen sich deutliche Veränderungen ab. Die Integration von Testaufgaben und Zusatzübungen zu den für den Nutzer problematischen Themen ist möglich.(198)

Prinzipiell sind hier die Möglichkeiten der digitalen Medien, wie sie z.B. auch vom digitalen Fernsehen erhofft werden, verwirklicht. Die CD-ROM bietet neben der wirtschaftlichen Verwertbarkeit dabei den Vorteil, daß die Nutzung des Angebots keine zusätzlichen Leitungskosten verursacht und v.a., daß im Gegensatz zu den Angeboten im Internet nicht auf die Übertragung gewartet werden muß. Bei den Netzangeboten hat sich, insbesondere seit Einführung des World Wide Web, eine solch starke Steigerung der Datenübertragungsmenge ergeben, daß alle Bemühungen quot;Datenautobahnen" aufzubauen, bislang weit hinter den Erfordernissen für eine zügige Übertragung zurückgeblieben sind, weswegen das World Wide Web oftmals auch spöttisch als "World Wide Wait" bezeichnet wird.



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